Als sich der damalige Bundesrat Willy Ritschard in Scuol öffentlich hinter die Idee einer Vereina-Bahnlinie stellte, wagte wohl niemand daran zu glauben, dass die Inbetriebnahme dieser für die Rhätische Bahn und den Kanton Graubünden so wichtigen Verbindung von Klosters ins Unterengadin noch in diesem Jahrhundert verwirklicht werden kann. buehler.jpg (7132 Byte)
Stefan Bühler

Bahn frei

Und jetzt ist es so weit. Am 19. November kann ein Parteikollege von Ritschard, nämlich Moritz Leuenberger, die Vereinalinie mit dem 19 Kilometer langen Tunnel mit einem halben Jahr Vorsprung auf den Zeitplan eröffnen. Ein anderer Verkehrsminister - der ehemalige Bündner Bundesrat Leon Schlumpf - wird daran nicht minder Freude haben. Während seiner Amtszeit als Vorsteher des zuständigen Departementes in Bern von 1980 bis 1987 fand in Graubünden im Jahre 1985 die Volksabstimmung über das Jahrhundertprojekt statt, ein Jahr später stimmte das Bundesparlament dem Kredit ebenfalls zu. 9 Jahre Planung, 9 Jahre bürokratische Abklärungen durch Politiker und Juristen, 9 Jahre Bauzeit - 27 Jahre sind vergangen, bis es nun so weit ist, dass die Rhätische Bahn ihr Prunkstück dem Verkehr übergeben kann.

Die Vereinalinie ist unsere Expo02, allerdings unter guten Vorzeichen. Weil beim Vereina eben alles anders als bei der Expo02 gemacht worden ist: Die Millionen-Investition in die Infrastruktur der Bahn ist keine Seifenblase mit vorzeitigem Verfalldatum, sondern von nachhaltiger Wirkung. Planung und Realisation erfolgten nach den Vorgaben bezüglich Termin und Budget, der Tunnel bringt einen Bevölkerungsteil näher an die Schweiz statt ihn zu ignorieren, und Visionäre und Fachleute, nicht Selbstdarsteller und Profiteure begleiteten das Projekt. Und zu guter Letzt: an der Eröffnungsfeier gibt es auch Bratwürste und sogar 191 Alphörner. Und keine elitäre Nase wird sich rümpfen müssen. Ein Volksfest ist schliesslich dort am Platz, wo das Volk dahinter steht.

Die Auswirkungen dieser neuen Bahnverbindung werden auch für Chur und seine Touristen von Bedeutung sein. Chur als Einkaufszentrum wird profitieren und Chur wird seine Position als Ausgangspunkt für eine der attraktivsten Bahn-Rundreisen verstärken können, wenn es die Chance nutzt.
Stefan Bühler