Aus der Ostschweiz kommen sie, aus Basel und Luzern, den Hochburgen der Fasnacht, um in Chur während den närrischen Tagen dabei zu sein. Was macht es denn aus, dass diese Fasnacht einen ganz besonderen Reiz hat? Drei Dinge sind es, welche die Churer Fasnacht unvergleichlich macht: Die Geschichte, die Altstadt und die Bevölkerung. Zur Geschichte: Es war Fasnacht in Chur, als der Bündner Volksheld Georg Jenatsch von vermummten Meuchelmördern im Jahre 1639 ermordet wurde. buehler.jpg (7132 Byte)
Stefan Bühler

Fasnacht

Vom Gasthaus „Glocke“ war er an diesem Abend ins „Staubige Hüetli“ gezogen - zwei Lokale, die es heute leider nicht mehr gibt - um dort in guter Stimmung zu zechen, den Spielleuten zuzuhören und es wurde „mitunter ein Däntzlein getan“. Kurz vor Mitternacht begehrte der maskierte Joh. Baptista Prevost, genannt Zambra, mit seiner vermummten Schar Einlass, begrüsste den Volksführer mit „Ha Signor Jenatsch“. Dieser bot ihm die Hand und wollte einen Tanz beginnen, doch die Schläge der Mörder beendeten sein Leben auf der Stelle. An der Churer Fasnacht geschah der berühmteste politische Mord, der auch 361 Jahre später jeder Bündnerin und jedem Bündner bekannt ist. Strengere und weniger strenge Sitten im Verlauf der Jahre konnten nicht verhindern, dass die Churer Fasnacht - mit Unterbrüchen - bis heute überlebt hat. Das Sittenmandat von 1816 verbot zwar an Feiertagen jegliches Tanzen und Schlittenfahren zum blossen Vergnügen und das Maskeradengehen war fürs ganze Jahr verboten. So eine Art vorgezogenes Vermummungsverbot für die Churer, noch bevor es die Bundesverfassung, die Autonomen-Szene oder das Davoser Weltwirtschaftsforum gab. Was soll’s, heute ist auch das nicht mehr zu halten, wo die Mode es einem schon schwer genug macht, zwischen der normalen alltäglichen Maske und der fasnächtlichen Maskerade zu unterscheiden. Neben der Geschichte trägt heute die Altstadt wesentlich dazu bei, dass die Churer Fasnacht ein unvergleichliches Erlebnis ist, wie gerade von auswärtigen Guggenmusiken immer wieder bestätigt wird. Wo kann man sich so laut und falsch musikalisch vernehmen lassen wie in der Rathaushalle? Wo ist der Umzug jeder Einzelmaske schöner als in den ehrwürdigen Gassen? Genau. Denn da ist auch noch eine Bevölkerung, welche auch bei widrigen Wetterumständen die wochenlangen Anstrengungen der Vereine für den Umzug und das Engagement jener Wirte, die ihre Lokale der Fasnacht widmen, honorieren. Vieles kann man im März verpassen, nicht aber die Churer Fasnacht.
Stefan Bühler