Portrait Zwischen heavy metal
und piccolo mattinata

 

Wer ihn nicht vom sehen kennt, kennt ihn vom hören: Mario Giovanoli, Multiinstrumentalist, Musiker und Komponist leiser und lauter Töne, Autor schräger und besinnlicher Texte. Und waschechter Churer ist er, seit 23.00 Uhr des 29. Septembers 1953. stadtfestjoe1.jpg (7407 Byte)

 

«Ich bin ein Spieler», sagt Mario Giovanoli. Dass das Kasino beim Obertor noch immer nicht steht, lässt ihn völlig kalt. Bei Nintendo und Playstation liegen nämlich seine Stärken, «entfernte Verwandte meiner jetzigen beruflichen Hauptbeschäftigung», meint der 47-jährige. Aber davon später.

Seinen Spieltrieb konnte er im zarten Kindesalter natürlich nicht mit elektronischen «Maschinen» stillen. Holztiere, farbige Klötzchen und Mutter’s Strumpfkugeln waren damals «in». Zu seinen Spielzeugen gehörte auch die Blockflöte, auf der er als 6-jähriger erstmals unterrichtet wurde. Mit diesem Spiel wurde der Samen für Giovanolis Beruf gelegt: freischaffender Musiker.

www.mcjoe.ch

Dass sich Marion Giovanoli vor rund einem Jahr selbst eine Hompage eingerichtet hat, ist eigentlich die logische Folge der Kombination Spieler und Musiker. «Natürlich ist www.mcjoe.ch ein Werbeträger», meint er. Doch nicht nur das: Wer darin blättert, kommt dem Wesen des Muliinstrumentalisten, des Rock- und klassischen Musikers, des Komponisten für Theater-, Kammer- und Orchestermusik, für Rock, Blues und Volksmusik näher. Auch aus seiner politischen Neigung macht der ehemalige Gemeinderat von Chur Geheimnis. Damals, Ende der achtziger Jahre, war er schon ein überzeugter Benutzer öffentlicher Verkehrsmittel. Alles weitere ist auf seinen Politlinks zu finden. Zu finden sind auch Giovanoli-Texte. Beispiele seiner abgeänderten Vers-Versionen: «Psalter nützt für Gottheit nicht» oder «Zuviele Köcher verwirren den Pfeil» oder «Gene um Gene, Wahn um Wahn» oder «Kündigung ist aller Zaster Abgang» oder «Man soll die Gäste feuern wenn sie lallen»...

Beim Klick auf «who is he» oder «intimer steckbrief» erfährt man zum Beispiel näheres über seine Lieblingsinstrumente Schlagzeug, Elektrobass und «mcjoe´s« Stimmbänder, über seine Bands «3rd stone from tha sun», «intoxicate» und «agahuga». Als er mit letzterer während seiner Sturm- und Drangzeit durch die Lande tourte - «die live-Gigs wurden wegen erhöhtem Puls der Musiker zu Happenings und Exzessen und es wurde gespielt bis die Fetzen flogen» -, gab er auch seriösen Unterricht an verschiedenen Musikschulen, arbeitete als Theatermusiker und Komponist am Stadttheater Chur und absolvierte vier Semester Studium am Konservatorium Winterthur. Später erhielt er den Werkpreis des Kantons Graubünden für drei Kammermusikuraufführungen und 1991 den Förderungspreis des Kanons Graubünden.

Seither sind Jahre verstrichen. Wer glaubt, bei Giovanoli sei die Lust am Spielen vergangen, täuscht sich. Vor etwa 10 Jahren ist er als Quereinsteiger Eishockeyaner bei den «Pöckianern» geworden. Aktiv natürlich. Danach habe er als Zuschauer Eishockeyspiele mit einer völlig anderen Optik besucht, «weil ich jetzt selber weiss, wie schwierig es ist, den Pöck unterzubringen und alles Pfeifen, Rufen und Schimpfen von den Zuschauerrängen her nichts nützt.» Auch musikalisch hat sein Spiel kein Ende. Das steht zwar nicht auf den Seiten seiner Homepage, aber noch immer bewegt sich Giovanoli zwischen heavy metal und piccolo mattinata, wenn auch in den beiden Bereichen nicht in gleicher Art. Sein einstiges Hauptinstrument, die Querflöte, oder das Saxophon, auf dem er autodidaktisch zu spielen gelernt hat, setzt er nur noch sporadisch an den Mund. Dafür legt er heute um so heftiger auf dem Schlagzeug den rhythmischen Teppich unter das Spiel seiner Bandkollegen von «3rd stone from tha sun» und von «intoxicate» und spielt den Bass-Groove bei «agahuga». Die beiden letzteren spielen aussschliesslich Eigenkompositionen, «die aus einer Idee im Übungskeller entstehen und bis zur Bühnenreife ausgefeilt werden.»

Traum erfüllt

Komponiert wird immer noch «querbeet», von Rock bis Klassik, «wenn es sein muss auch Ländler - nur vom Schlager lass ich die Finger...», schwört der Tonkünstler. Zu seinem Kreativ-Repertoire zählen beispielsweise Kompositionen für Klarinette und Klavier, für Baritonstimme und Streichorchester, für Querflöte, Bassklarinette und Harfe. Eine ganze Liste weist auf Theaterarbeiten zwischen Chur und Stuttgart, zwischen Zürich und Bern hin, wo er als Musiker und Komponist (oder beides) Spuren seines Spieles hinterlassen hat. Giovanoli Töne sind aber auch auf CD’s zu hören, mit Walter Lietha, Paulin Nuotclà, den «Magaari», mit Fritz Trippel usw. und selbst Soundtracks wie zum Beispiel zu den Filmen «Engiadina» von Christian Schocher oder «Bananas» von Bieler/Schmid stammen aus der Spielbude von Mario Giovanoli. «Bilder vertonen», betont er, «war schon immer eine heimliche Wunschvorstellung von mir». Mit der Entwicklung der elektronischen Medien ist diese Fiktion zur Realität geworden. Und gerade hier schwingt das oben erwähnte mit: sein Spiel mit Nintendo und Playstation, wo sein Einstieg in die Computerwelt gründet, was wiederum zu Kompositionen elektronischer Musik geführt hat. Dieses Know-how setzt er nun für die Firma «3D-Swiss AG/Urban AG» ein, die TV- und Kino-Spots, Videos und Firmenportraits in 3D-Animation produziert. Die Musik zu all diesen Klips und Movies sind Giovanolis Kinder. Auch hier variiert sein Spiel zwischen heavy metal und piccolo mattinata.

Walter Schmid