Stadtführung:
Aufschlussreich, unterhaltsam, überraschend

Wieder einmal mit offenen Augen die Stadt erkunden, am «Hospital bei St. Martin», am «Churer-Schuh», am Kloster, an Herren- und Zunfthäusern und am Spaniöl vorbei, durch das «Brillentor» zum «Palatium episcopale», ein Blick in die Ratsstube oder gar in das «Chinesische Zimmer». Möglich ist das für Einheimische und Gäste an individuellen Stadtführungen oder an den öffentlichen, die am Mittwoch, 5. April, wieder beginnen.

Chur, die älteste Stadt der Schweiz, ist heiss begehrt: Über 10’000 Personen haben 1999 an 477 Stadtführungen von Chur Tourismus teilgenommen - 20 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Die Besichtigungstouren richten sich nicht nur an auswärtige BesucherInnen. Auch Einheimische können sich dabei auf unterhaltsame und spannende Weise wieder einmal vergegenwärtigen, was unsere Stadt so interessant macht. Koordiniert werden sämtliche Stadtrundgänge von Chur Tourismus an der Grabenstrasse 15.

Jeden Mittwochnachmittag

Am 5. April um 14.30 Uhr - und in der Folge jeden Mittwoch zur gleichen Zeit bis Ende Oktober - bietet Chur Tourismus eine rund eineinhalbstündige öffentliche Tour durch Chur. Kosten: Fr. 6.- für Erwachsene, Fr. 3.- für Kinder. Eine Anmeldung dazu ist nicht nötig. Man trifft sich einfach in der Rathaushalle - dem erste «Kaufhaus» von Chur - und lässt sich auf einem Gegenwarts-Trip in die Vergangenheit von Chur versetzen. Im Zentrum der Führung steht natürlich die Stadtgeschichte mit Schwerpunkt Mittelalter bis Neuzeit. Dazu gehören Besichtigungen von architektonischen Besonderheiten, wenn möglich Visiten im Rathaus und im Gerichtsgebäude («Alte Gebäude»), ein aufschlussreicher Blick über die Altstadt von einem erhöhten Standort aus, Besuch der Martinskirche und natürlich der Kathedrale. «Primäres Ziel einer solchen Tour ist es», so Stadtführerin Rita Rohrer, «den Teilnehmerinnen und Teilnehmern ein Gesamtbild der Churer Geschichte zu vermitteln.»

Anspruchsvolle Aufgabe

Das setzt für die Guides natürlich fundiertes Wissen über unsere Stadt voraus, das sich die neun Führerinnen und ein Führer zu einem grossen Teil selbst erarbeiten, an speziellen Kursen ab auch repetieren und ergänzen. Wichtig seien neben einer überdurchschnittlichen Allgemeinbildung auch gute Sprachkenntnisse, so Rita Rohrer. An den öffentlichen Führungen kann es nämlich vorkommen, dass in einer Gruppe mehrere Nationalitäten vertreten sind, auf die natürlich Rücksicht genommen werden muss. Das macht die Arbeit für die FührerInnen sehr anspruchsvoll, sind doch nicht nur Erklärungen in verschiedenen Sprachen abzugeben sondern auch unterscheidlichste Fragen während der Stadtbesichtigung zu beantworten.

Massgeschneiderte Führungen

Neben den jeden Mittwochnachmittag stattfinden öffentlichen Führungen wird das ganze Jahr durch einer grossen Anzahl privater Gruppen die Stadt gezeigt. Diese individuellen Führungen sind sozusagen massgeschneidert und auf die Wünsche der BesucherInnen zugeschnitten. «Die einen interessieren sich mehr für die baulichen Entwicklungen und Stilrichtungen in unserer Stadt, andere möchten aus schulischen Gründen durch ein ganz bestimmtes Thema geführt werden und wiederum andere wünschen zum Beispiel ausschliesslich Kirchenbesuche», umschreibt Rita Rohrer die facettenreichen Varianten der Führungen. Je nach Herkunftsland der Gruppe werden die Führerinnen entsprechend ihren Sprachkenntnissen eingesetzt. Eines haben die Erfahrungen der StadtführerInnen klar gezeigt. «Wie ein roter Faden zieht sich die Begeisterung für unsere Altstadt durch die Gästeschar. Die Gassen und Plätze, die Atmosphäre mit den vielen kleinen Läden im Kontrast zur geschichtlichen Vergangenheit lösen bei vielen ein Aha-Erlebnis aus, wobei aktuelle Probleme der Altstadt allgemein wenig interessieren.» Das liege nicht am Desinteresse, sondern an der Ferienstimmung, so Rita Rohrer. Was hingegen oft und stark beklagt werde, sei das Fehlen von einigermassen gepflegten öffentlichen Toiletten in der Altstadt und der Mangel an Parkplätzen. Der grösste Teil der TeilnehmerInnen rekrutiert sich aus Touristen, wobei jene deutscher Zunge eindeutig zuoberst figurieren, gefolgt von englisch-, italienisch- und französischsprachigen.

Noch nie hinter dem Hochaltar

Doch nicht nur für die Gäste aus der Schweiz, dem nahen und fernen Ausland, birgt Chur Überraschendes. Auch Bewohnerinnen und Bewohner unserer Stadt erfahren während den Führungen mit Sicherheit manch Unbekanntes über die älteste Stadt der Schweiz. Zum Beispiel, dass die Feuersbrunst von 1464 Auslöser für die Gründung der Zünfte war, dass in jener Zeit der Krispinitag jeweils am 25. Oktober mit üppigen Schlemmereien gefeiert wurde, dass die Bürgerschaft aus Protest gegen die bischöfliche Macht beim Aufgang zum Hof dem Kirchenfürsten das «Brillentor» vor die Nase setzte, dass der Abbruch des Obertors Mitte des 19. Jahrhunderts buchstäblich in letzter Stunde verhindert werden konnte oder dass der Bau der Kathedrale rund 120 Jahre dauerte. «Die Kenntnisse über die eigene Stadt ist bei den Einheimischen sehr unterschiedlich und reicht von recht versierten Personen bis zu solchen, die noch nie hinter dem Hochaltar der Kathedrale standen», so Rita Rohrer. Ein Ratschlag vom Geschäftsleiter von Chur Tourismus, Peter Laube, richtet sich denn auch an die Einheimischen: «Einige Nachbarn aus dem Wohnquartier zusammentrommeln und mit uns eine Führung gestalten, die Klassenzusammenkunft mit einem Rundgang durch Chur auflockern, in den Vereinsanlass eine Stadtbesichtigung integrieren, einen schulischen Geschichtsunterricht innerhalb der Stadtmauern geniessen, kurz: Mit Chur Tourismus an die Wurzeln unserer Stadt zurückkehren, ist auch für Churerinnen und Churer ein Leichtes».

Walter Schmid

Stadtführungen Öffentliche Satdtführungen: jeden Mittwoch, 14.30 Uhr, ab Rathaushalle (keine Anmeldung erforderlich, Erwachsene Fr. 6.-, Kinder Fr. 3.-). Individuelle Stadtführungen: Voranmeldung bei Chur Tourismus, Grabenstrasse 15, Tel. 081 252 18 18.