«Eine bewährte Art, eine Stadt kennen zu lernen, besteht darin, herauszufinden wie ihre Bewohner arbeiten, wie sie lieben und wie sie sterben.» Albert Camus wusste genau, wovon er sprach, als er das Buch «Die Pest» schrieb. Die Pest von heute wird nicht mehr von den Ratten übertragen, das langsame Sterben beginnt dann, wenn man sich erstmals als Gelegenheitsraucher betätigt. Und wann beginnt man zu arbeiten, wann zu lieben? Die Antworten dazu findet man nicht bei einem Stadtrundgang. Wir haben dazu noch andere Lebenshilfen, und der Herbstbeginn kündigt sich schon mit einer Reihe von Neuerscheinungen an, die uns zu einem besseren Durchblick verhelfen sollen. buehler.jpg (7132 Byte)
Stefan Bühler


Endlich

Allerdings: Wie wir lieben, können wir nur mehr erahnen. Stillschweigend hat unser lokaler Videokanal die Sendung Love-Sofa eingestellt. Ob zu wenig Sofas oder zu wenig Liebende zur Verfügung standen, wird man wohl nie erfahren. Endlich Nicht-Lover, vielleicht ein Titel für ein nächstes Buch?

Nach «Endlich Nichtraucher» (Allen Carr) und «Endlich Nichtleser» (Gion Mathias Cavelty) scheint alles ohne Ende endlich zu sein. Etwas erfolgreicher als der Churer Cavelty, der noch in der Warteschleife kreist, ist mit Bücherschreiben der Engländer Carr, der es in die Schweizer Bestsellerliste geschafft hat. Das Rezept, um Nichtraucher zu werden, ist in Carrs Buch ja auch leichter zu lesen als Caveltys Rezept, wie man zum Nicht-Leser wird: «Die einfache Methode des Aufhörens: Treffen Sie die Entscheidung, nie wieder zu rauchen und blasen Sie nicht Trübsal deswegen. Jubilieren Sie.» Das wird jeden Kettenraucher in den Konflikt bringen, was von beidem er bevorzugen soll. Wohl eher Trübsal blasen, das steht einem Raucher auch besser an. «Leg deinen Schatten auf die Lungenflügel» möchte man da in Anlehnung an das schöne Gedicht von Rainer Maria Rilke sagen. «Herr: es ist Zeit. Der Sommer war sehr gross / Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren, / und auf den Fluren lass die Winde los.»

2001 jährt sich Rilkes Tod zum 75. Mal und Johanna Spyris Tod zum 100. Mal. Anlass genug, um auch über deren Arbeiten nachzudenken. Mit Rudolf Stüssi, dessen Obertor-Ansicht das Titelbild ziert, ist zurzeit ein Künstler an der Arbeit zu einem neuen Heidi-Buch, das am 10. Oktober in Heidis Heimat erscheinen wird. Endlich eine Neuausgabe, die alles enthält, was es gemäss Camus braucht, um eine Stadt kennen zu lernen. Endlich ein Buch, das für die Unendlichkeit geschrieben scheint.