Volkshochschulprogramm als
Kontrapunkt zur Hektik

Die Volkshochschule Chur und Umgebung hat sich neu ausgerichtet und ihr Weiterbildungskonzept angepasst. Sie macht auf sich aufmerksam mit einer einzigartigen hochkarätigen Veranstaltungsreihe.

Die Zeiten ändern sich und mit ihr auch die Volkshochschule (VHS) Chur und Umgebung. Seit der Gründung dieser neuen VHS im letzten Jahr wird sowohl den rund 100 Mitgliedern als auch allen weiteren Weiterbildungsinteressierten ein ebenso vielfältiges wie einzigartiges Veranstaltungsprogramm unterbreitet.
Da die VHS gemeinnützig tätig und daher nicht kommerziell ausgerichtet ist, können sämtliche Veranstaltungen zu einem konkurrenzlos günstigen Preis angeboten werden. "Die Eintrittspreise", sagt Oscar Eckhardt, der innerhalb des Vorstandes für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist, "haben wir für Abendveranstaltungen einheitlich auf 15 Franken festgelegt." Damit ist der Besuch einer Veranstaltung für jeden Interessierten erschwinglich. Sämtliche Vorträge weisen Hochschulniveau auf, sind aber aufgrund der Erfahrung der Vortragenden didaktisch so aufbereitet, dass sie für Interessierte gut verständlich sind. Für die ausgewählten Themen können sich immer mehr Weiterbildungswillige begeistern. Oft zählt die VHS an einem Vortrag jeweils weit über 100 Leute. Dies spricht sowohl für die sorgfältige Themenauswahl als auch für die Qualität von Schule und Redner. Für Veranstaltungen mit Praxisarbeit und für Exkursionen ist die Teilnehmerzahl allerdings beschränkt.

Jüngeres Publikum nimmt zu

Da die VHS (vor allem aus finanziellen Gründen) keine eigenen Räumlichkeiten besitzt, werden die Veranstaltungen in verschiedenen Lokalitäten durchgeführt. Zu den Vorträgen reisen die Interessierten aus der ganzen Region an. "Zwar besuchen vorwiegend ältere Menschen unsere Veranstaltungen. Allerdings stellen wir fest, dass sich auch die jüngere Generation zunehmend dafür interessiert", freut sich Oscar Eckhardt.
Pro Jahr bietet die VHS rund ein Dutzend Themen respektive Veranstaltungen an. Mit der gezielten Themenauswahl wird versucht, alle Sinne anzusprechen. "Das Programm", so VHS-Präsident Luzi Tscharner, "ist jedoch noch durchaus ausbaufähig."
Mit der jährlichen Veranstaltungsplanung wird jeweils auch das Schwerpunkt-Thema festgelegt. In diesem Jahr liegt dieser Schwerpunkt auf "Landschaft(en) lesen", wobei die Bereiche Literatur, Malerei, Dialekte, Natur und Geschichte aufs Schönste miteinander vernetzt werden.

Vorträge und Exkursionen

Nebst den Veranstaltungen, etwa zu Themen wie "Schreiben über sich selbst" oder "Die Alpenlandschaft in Literatur und Bildern", organisiert die Volkshochschule ebenfalls verschiedene ein- und mehrtägige Exkursionen. Ende August ging es beispielsweise zu einer zweitägigen kultur- und kunstgeschichtlichen Exkursion ins Misox und Calancatal. Für den 8. und 13. September sind eintägige Ausflüge auf die Insel Reichenau und die St. Galler Stiftsbibliothek geplant, bei denen sich die Teilnehmer auf die Spuren des Mittelalters begeben werden.
Die angebotenen kulturellen Themen schaffen so in schönster Art einen Ausgleich zu unserem ansonsten hektischen Leben. "Dafür nimmt man sich jedoch oft viel zu wenig Zeit", glaubt Luzi Tscharner. "Dabei wäre es doch so wichtig, wenigstens für wenige Stunden Abstand zum Beruf und den Alltagsproblemen zu schaffen."

Keine Exkursion ohne Einführung

Zum Grundkonzept der VHS gehört es, vor den geplanten Exkursionen jeweils eine Einführung ins Thema anzubieten. Damit wird nicht nur eine gute Ausgangsbasis und der Zugang zum Thema geschaffen. Gefördert wird so ebenfalls ein besseres Verständnis für die Zusammenhänge. "Wer jemals an einem kommentierten Konzert mit dabei war, wird künftig auf Dinge achten, die ihm sonst gar nie aufgefallen wären und einen ganz anderen Zugang zum Thema erhalten", erklärt Oscar Eckhardt. Dies führt ausserdem dazu, dass die Lust auf mehr erwacht, das Wissen und der Spass an der Sache zunehmen. Und weil die Referenten durchwegs didaktische Erfahrungen aufweisen, reden sie nicht wie sonst so oft ziel- und planlos an den Leuten vorbei.
Die VHS arbeitet bereits bei der Ausgestaltung ihrer Themenreihen mit zahlreichen anderen Institutionen, wie etwa dem Bündner Heimatschutz, dem Natur- und Kunstmuseum, der Pro Grigioni, dem Verein für Bündner Kulturforschung, der Lia Rumantscha oder der Walservereinigung, zusammen. So wird einerseits das spezifische Wissen genutzt, andererseits ein breit interessiertes Publikum angesprochen.

VHS auf neue Basis gestellt

Der Volkshochschulgedanke hat in Europa bereits im 19. Jahrhundert
Gestalt angenommen. Die Volkshochschule Chur wurde 1924 ins Leben gerufen. Bereits in ihren Anfangsjahren hat sie die unterschiedlichsten Kurse und Veranstaltungen zu philosophischen, literarischen, botanischen, physikalischen und anderen Themen angeboten. Mit der zunehmenden Aus- und Weiterbildungswelle und den entsprechenden aus dem Boden schiessenden Instituten hat sie jedoch an Terrain verloren. 1973 war die VHS an ihrem vorläufigen Ende angelangt.
Mit der Gründung der Rudolf Steiner Schule in Chur lebte sie dann wieder auf. Doch bereits 1995 stellte sich erneut die Frage einer Neuausrichtung, um sich vom Angebot bestehender Institutionen besser zu unterscheiden. Im letzten Jahr dann wurde der Verein Volkhochschule Chur und Umgebung neu gegründet und aufgrund neuer Strukturen auf eine breitere Basis gestellt. So wird heute auch die Erwachsenenbildung schwergewichtsmässig mit kulturellen Themen von lokaler, regionaler, kantonaler und interkantonaler Bedeutung durch die Organisation von Vorträgen, Kursen, Exkursionen und weiteren Veranstaltungen gefördert. Bereits im Neugründungsjahr hatten rund 600 Weiterbildungswillige die Veranstaltungen der VHS besucht. "Dies hat uns bestätigt, dass unser Angebot einem breiten Bedürfnis entspricht", erklären Tscharner und Eckhardt übereinstimmend.
Der Vorstand der VHS setzt sich derzeit zusammen aus: Luzi Tscharner, Präsident; Paul Ragettli, Aktuar; Regula Keller, Johanna J. Wallner, Oscar Eckhardt. Das Sekretariat wird von
Ursula Davatz-Asper betreut.

Karin Huber