"Zeige mir Deinen Pass und ich sage Dir, wie Du heisst." So einfach und erst noch kostenlos war das früher, als man für die Namensgebung noch nicht Trendagenturen und Design-Gurus benötigte. Spätestens, seit der Kanton Graubünden ein paar Tausender zum Fenster hinaus geschmissen hat, um von der Corporate-Identity-Agentur Interbrand Zintzmeyer & Lux zu erfahren, dass man die Marke Graubünden auch Bündnerland nennen kann, spätestens also seit dem letzten Jahr, wissen wir, dass es nicht wenig kostet, Selbstverständliches zu erfahren. Dabei hatte die gleiche Agentur für unsere nationale Fluggesellschaft die glanzvolle Idee, diese Swissair zu nennen. Sie ist - zu Unrecht - aus dem Rennen gefallen. Der Sachwalter der SairGroup, Karl Wüthrich, würde den Namen Swissair gerne für 500 000 Franken verkaufen, was immer noch günstiger käme, als eine neue Agentur zu beauftragen.

 

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Stefan Bühler


Swiss ist in

Was billig ist, kann nicht gut sein, sagten sich die Verantwortlichen. Und so wurden sie fündig in der Person des kanadischen Trendsetters Tyler Brulé, Chef
des Londoner Lifestyle-Magazins Wallpaper. Der soll es richten und für die Fluggesellschaft einen neuen Namen kreieren. Jetzt wäre es natürlich äusserst undankbar, würden wir dessen Liebe zum Namen "Swiss" als Furz aus dem
nebelverhangenen und porridgegeschädigten Königreich abqualifizieren. Tyler Brulé hat nämlich in seiner neusten Magazin-Ausgabe die Stadt Chur zur "urban haven" gekürt. Und das bedeutet, dass Chur zu den 100 trendigsten Städten der Welt zu zählen ist. Jetzt erstarren wir erst einmal in Ehrfurcht ob der Tatsache, dass Chur ein Outdoor-Mekka ist - das wussten wir seit der Zeit, als Erhard Meier Verkehrsdirektor war und Marcel Saluz mit trendigen Zweizeilern am Bahnhofkiosk die Gäste empfing. Keine Undankbarkeit also gegenüber Brulé, der so auf den Namen "Swiss" steht, dass er diesen am liebsten auf allen Flugzeugen sähe.
Swiss ist in. Darauf muss man erst kommen. Pepe Lienhard sang schon in der Felsenbar seine Swiss Lady und Swiss Army Knife gäbe es auch noch, wenn da nicht die klitzekleine Hürde des Markenrechtes wäre. Und dieses sagt, dass man einen Namen, welcher der Allgemeinheit gehört, gar nicht für eigene Zwecke schützen kann. Wenn schon das seit 1884 erfolgreiche Swiss Army Knife nun Victorinox heissen muss, und für Chur keine Firma das Label Curia versuchen sollte, dann dürfte auch keine Schwanzflosse Swiss tragen dürfen. Swiss ist zwar in, aber auch nicht ganz einfach. Das hatte einst der St. Moritzer Kurdirektor Hanspeter Danuser schmerzhaft erfahren müssen, als er Gast in einer Radio-Talkshow in New York war. Der Moderator stellte ihn als "representant of Swaziland" vor, und entschuldigte sich nach der Korrektur von Danuser, der sich als einer "from Switzerland" outete, wie folgt: "Sorry, of course, mister Danuser ist from Sweden." Danuser gab auf, hustete noch schnell in sein Reisealphorn und verabschiedete sich. Nur ein Schweizer Journalist, der in Frankreich von sich sagte, er sei nur ein "petit suisse", sorgte für noch mehr Heiterkeit. Er konnte ja nicht wissen, dass dies in Frankreich ein in der Normandie 1850 erfundener Crèmekäse ist und nicht für Schweizer Bescheidenheit steht. Unseren Quark und Käse benennt eine Brand-Agentur.

Stefan Bühler