Kultur

Sieben Tage Frauenkultur

Die Organisatorinnen der Nouvelles Frauenfilmtage Graubünden haben während zehn Jahren Frauen vor und hinter der Kamera gezeigt. Jetzt stellen sie dem Publikum ein breiteres Frauenschaffen vor:
an den Frauenkulturtagen stehen Künstlerinnen aus Musik, Theater und Literatur im Scheinwerferlicht.

Text: Ursina Straub

Sie sei selbst überrascht und hocherfreut über das Programm, das sie auf die Beine gestellt hätten, sagt Ladina Grass, eine der Organisatorinnen der Frauenkulturtage. "Es ist mehr, als wir uns erhofft haben."
Die Frauenfilmtage Graubünden hatten letzten März mit dem 10-Jahre-Jubiläum einen vorläufigen Abschluss gefunden. Nun reizte es die Organisatorinnen, den Blick des Publikums auf ein breiteres Frauenkulturschaffen zu lenken. Im August gingen
die Macherinnen der Nouvelles Frauenfilmtage daran, Künstlerinnen für die Frauenkulturtage auszuwählen, anzufragen, einzuladen. "Die Frauenfilmtage und vor allem die Rahmenveranstaltungen waren immer sehr gut
besucht", stellt Mitorganisatorin Gerlinde Zenk rückblickend
fest. "So entstand die Idee, das
vielfältige Kunstschaffen von Frauen in einer Reihe von Veranstaltungen vorzustellen." Entstanden ist ein Programm, das während einer Woche konzentriert das künstlerische Schaffen von Frauen ins rechte Licht rückt.

Unidentifizierbare Objekte

Die Frauenkulturtage eröffnen mit Aniko Risch. Die bekannte Bündner Bildhauerin zeigt an ihrer Vernissage die "Unidentified falling objects", die seit letztem Sommer unterwegs sind. Nach einer Zwischenlandung in Roveredo und im Kunstmuseum Chur landen sie um 19.00 Uhr in der Klibühni in Chur.
In der anschliessenden Diskussion um 20.30 Uhr gehts um die Frage "Kunstschaffende und Mutter - wie lässt sich das vereinen?" An der von Ladina Grass und Ursina Campell moderierten Diskussionsrunde nehmen die Schauspielerin Ursina Hartmann, die Sängerin Riccarda Vedana-Jörg, die bildende Künstlerin Aniko Risch, die künftige Kulturbeauftragte der Stadt Chur Sandra Romer, und der kantonale Kulturbeauftragte Flurin Caviezel statt.

Freche Damen

Witzig und frech schliesst der Dienstag an: die Nixnixen unternehmen mit dem Publikum eine Tour d'horizon durch dreissig Jahre Frauenstimmrecht, zwanzig Jahre Gleichstellung und zehn Jahre Frauenstreik. Im Mittelpunkt der Geschichten stehen eine Wissenschaftlerin, eine Hausfrau und eine femme fatale. Die kabarettistische Szenencollage führt vor, wie Frauen mit Methodik, Strategie, aber auch mit viel List zu Werke gingen. Und gehen. Die Inszenierung "Frisch, frech, fröhlich, frei - auch die Damen sind dabei" vereint Gesang und Pantomime mit Tanz und würzt das Ganze mit einem gehörigen Schuss Selbstironie.

Spontane Performance

Der Mittwochabend wagt eine eher seltene Verbindung von künstlerischem Schaffen: Lesung und Performance treffen aufeinander. Die Engadiner Autorin Rut Plouda liest aus ihrem Buch "Sco scha nüglia nu füss - Wie wenn nichts wäre" und aus früheren Werken. Diesen Textball nehmen die beiden Performance-Künstlerinnen Pia Frey und Cathérine Huth auf und spielen ihn einander in einer spontanen, ortsbezogenen Performance zu.
Während die Luzerner Künstlerinnen Huth und Frey im Bereich Installation, Multimedia und Performance zuhause sind, machte sich Rut Plouda als Schriftstellerin einen Namen. Im vergangenen Jahr erhielt sie den Bündner Literaturpreis als Anerkennung ihres für die rätoromanische Literatur äusserst bedeutenden Werkes. Als Fragerin und verbindendes Element tritt Maria Cadruvi auf.

Eigensinnige Songs

Die Sängerin und Songschreiberin Orna Ralston muss dem Bündner Publikum wohl nicht näher vorgestellt werden. Mit bemerkenswerter Bühnenpräsenz trägt sie ihre Lieder vor. Stimmgewaltig besingt Ralston Geschichten, die das Leben schrieb, sinniert, hinterfragt - und vermeidet es, Patentrezepte zu liefern.
Die in Chur geborene Sängerin präsentiert am Donnerstagabend eigensinnige Songs aus dem gesamten Repertoire. Mit im Gepäck die neue CD "Something to touch".
Frauen feiern den internationalen Frauentag - notabene den Ursprung der Frauenfilmtage - mit einem Fest am Freitagabend. Dass dieses lustvoll ausfällt, dafür sorgen die missisfox. Die siebenköpfige Frauenband aus Zürich ist mit fast allen Wassern gewaschen. Ihre Musik reicht von Balladen über Schnulzen zu Rock und Funk.
Nach dem Konzert darf jede Frau selbst an den Drücker und sich an der Juke-Box erinnerungsbeladene Oldies oder frischgepresste Neuerscheinungen zu Ohren führen.

Gekochte Muscheln

Ruhiger gehts am Samstag zu: Mariella Mehr liest aus ihrem
soeben erschienenen Roman "Angeklagt". Dieser gehört
zusammen mit den Romanen "Daskind" und "Brandzauber" zu einer Triologie, die Gewalt zum Thema hat.
Die freie Schriftstellerin und Publizistin Mariella Mehr lebt und arbeitet in der Toskana. Vor vier Jahren erhielt sie von der Universität Basel die Ehrendoktorwürde für ihr Engagement für unterdrückte Minderheiten.
Am Sonntag wird der kulturelle Reigen mit einem Muschelessen beschlossen. Und zwar auf und neben der Bühne.
Auf der Bühne sitzt eine nun erwachsene Tochter einem Berg Muscheln gegenüber und blickt auf ihre Kindheit zurück. Die Tochter erinnert sich und fördert dabei Erstaunliches zutage. "Das Muschelessen" ist die Geschichte einer Entlarvung, gespielt von Serena Wey, nach einer Erzählung von Birgit Vanderbeke. Regie führt Irmgard Lange, Heini Dachler spielt Violine.
Nach dem Theater steht ein wahrhaftiges Muschelessen auf dem Tisch. Besucherinnen und Besucher sind zum Festessen eingeladen. Nur anmelden muss man sich selbst. Bis am 6. März unter Telefon 081 252 48 04.


Frauenkulturtage - das Programm

Die Veranstaltungen finden in der Klibühni das Theater, Kirchgasse 14 in Chur, statt.

Montag, 4. März 19.00 Uhr
Vernissage von Aniko Risch "Unidentified falling objects"

Montag, 4. März, 20.30 Uhr
Diskussion zum Thema "Kunstschaffende und
Mutter"

Dienstag, 5. März, 20.30 Uhr
Kabarett mit den Nixnixen "Frisch, frech, fröhlich, frei - auch die Damen sind dabei"

Mittwoch, 6. März, 20.30 Uhr
Lesung mit Rut Plouda und Performance von Pia Frey und Cathérine Huth

Donnerstag, 7. März, 20.30 Uhr
Konzert mit Orna Ralston

Freitag, 8. März, 20.30 Uhr
Internationaler Frauentag. Konzert und Frauenfest mit den missisfox

Samstag, 9. März, 20.30 Uhr
Lesung mit Mariella Mehr
aus ihrem neuesten Roman "Angeklagt"

Sonntag, 10. März, 17.00 Uhr
Theater "Das Muschelessen", anschliessend Muschelessen

Alle Veranstaltungen ausser dem Frauenfest sind für Männer und Frauen offen.
Die Frauenkulturtage werden von Ursina Campell, Ladina Grass, Ilonka Demhardt und Gerlinde Zenk organisiert.
Sie entstanden in enger Zusammenarbeit mit der Klibühni das Theater.