Club 1889

"Wir erhalten historische Fahrzeuge der RhB"

Rhätische Bahn-Freaks aus ganz Graubünden haben sich zum "Club 1889" zusammengeschlossen, der sich darauf spezialisiert hat, längst ausrangiertes Rollmaterial bis zur Fahrtüchtigkeit zu restaurieren und somit der Nachwelt zu erhalten. Gewerkt wird auch im Arosabahn-Depot im Sand, wo das Augenmerk historisch wertvollen Güterwagen gilt.

Text: Tibert Keller

Die RhB mag für viele Einheimische nur ein Transportmittel sein, doch sie ist eine Eisenbahn mit Weltruf. Wo finden sich sonst noch eine derartige Fülle an landschaftlichen, klimatischen, kulturellen und vor allem an technische Aspekten auf so kleinem Raum? Es tönt für uns unglaublich, aber unzählige pilgern hauptsächlich wegen der RhB zu uns. Neben der atemberaubenden, mit Kunstbauten wie Brücken und Tunnel gespickten Linienführung faszinieren natürlich die eingesetzten Fahrzeuge. Eine derart anspruchsvolle Gebirgsbahn verlangt nach entsprechend konstruierten Eisenbahnfahrzeugen.

Zeitzeugen erhalten
Besonders populär sind Triebfahrzeuge, dessen Sortiment nicht nur Loks, sondern auch Triebwagen, Rangierlokomotiven, Schienentraktoren und Sonderfahrzeuge für den Unterhalt der Bahnanlagen in einer einzigartigen Fülle von Konstruktionen umfasst. Die Krokodillokomotiven, wovon noch drei fahrfähige Exemplare erhalten sind, gelten sogar als legendär.
Die Liste setzt sich dann fort in den Reisezugwagen, vom Salonwagen über "gewöhnliche" Wagen, Speisewagen bis zu den offenen Aussichtswagen. Weniger bewusst, aber bei der RhB besonders erwähnenswert, sind die Güterwagen. Kaum eine touristisch so stark genutzte Schmalspurbahn findet sich auf dieser Welt, die einen solch intensiven Güterverkehr zur Entlastung unserer Strassen abwickelt. Noch weniger bekannt schliesslich sind Dienstwagen für den bahninternen Bedarf, wo eine besonders grosse Vielfalt herrscht und worunter sich die ältesten Wagen verbergen.
Was die Attraktivität des Fahrzeugparks noch steigert, ist die technische Entwicklung über die Jahrzehnte. Viele erinnern sich noch an die Holzbänke und an die 1956 abgeschaffte dritte Klasse. Doch wer hat noch die fahrplanmässigen Dampfzüge erlebt? 1922 war das gesamte Netz der heutigen RhB mit Fahrdraht überspannt.
Im Gegensatz zur Linienführung, wo über die Jahrzehnte nur punktuelle Veränderungen stattfanden, ist der Wechsel beim Rollmaterial am ausgeprägtesten. Weil gerade bei den Fahrzeugen viele Pioniertaten vollbracht wurden, ist es natürlich schade, wenn solche Zeugen vergangener Baukunst bei der Inbetriebnahme von Nachfolgemodellen sang und klanglos verschwinden. Andererseits ist es verständlich, wenn ein wirtschaftlich geführter Betrieb, der an allen Ecken und Enden sparen muss, nicht beliebig viele alte Fahrzeuge behalten kann.

Ein Club übernimmt Verantwortung
Damit aber historisch wertvolle Exemplare nicht einfach für immer verschwinden, indem sie dem Altmaterial zugeführt werden, hat sich aus Persönlichkeiten, die historisch, technisch und handwerklich versiert sind, der "Club 1889" gebildet. Zusammen mit der RhB, die viel Goodwill für die Vereinigung zeigt, entstand eine Liste mit langfristig erhaltenswerten Fahrzeugen.
Bereits hat der Club den ältesten Personenwagen von 1889 (diese Jahreszahl gab dem Verein den Namen) mustergültig restauriert, der sich nun in Sonderzügen grosser Beliebtheit erfreut. Ebenfalls mit grossem Medienecho gelang kürzlich die Wiederinbetriebnahme eines originalen, nun historisch gelb gehaltenen Reisezugwagens der Berninabahn mit Verpflegungseinrichtung. Ein besonders grosser Brocken ist die im Depot Samedan laufende Reaktivierung der von Frankreich zurückgeholten Bernina-Krokodillok von 1928. Auch recht teuer wird die fahrfähige Aufbereitung der noch unangetasteten, 100-jährigen Dampflok Heidi. Denn trotz der von den RhB zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten und der handwerklichen Leistungen der Clubmitglieder sind grosse finanzielle Mittel nötig, die erfreulicherweise immer wieder von Firmen, Privaten und sogar von der kantonalen Denkmalpflege eintreffen. Dies wohl auch, weil mit diesen Vorhaben viele Sympathien verbunden sind, denn die Eisenbahn strahlt eine unverminderte Faszination aus. In diesem Zusammenhang ist das "Filisurerstübli", ein Personenwagen von 1903, erwähnenswert, das gegenwärtig mit der wohl bisher noch nie praktizierten Unterstützung von Gemeinde, Gewerbe und Privaten entsteht.
Das Cluborgan ist der jährlich erscheinende "Dr Club 1889 Insider", mit interessanten Beiträgen zu RhB-Themen.

Churer Abteilung im Depot Sand
Neben den Vereinsgruppen im Engadin und Puschlav arbeitet die dritte und jüngste Abteilung des Vereins im alten Arosabahndepot im Sand. Sie widmet sich den historisch wertvollen Güterwagen, dank deren Erhaltung realistische Zugskompositionen von damals formiert werden können.
In letzter Minute vor dem Abbruch gerettet haben die Vereinsaktiven zwei Exemplare der kleinsten Güterwagengattung und sie dann in minuziöser Kleinarbeit reaktiviert. Möglicherweise gelangt das Wagenpaar an den RhB-Sonderfahrten vom 22. bis 25. August zum Einsatz.
Der nächste Auftrag für die Churergruppe betrifft die Restaurierung eines "grossen Viehwagens" von 1911. Der "K1 5615" von 1913 soll nämlich nächstes Jahr beim 100-jährigen Jubiläum der Albulabahn im alten Glanz erscheinen. Wer mithelfen möchte, melde sich bei Gion Rudolf Caprez in 7014 Trin, Telefon 081 635 18 29;
caprez.brechbuehl@freesurf.ch