Fahnen

Die Fahne - ein altes Symbol hat sich behauptet

Wer etwa durch die Poststrasse schlendert, sieht dieser Tage gleich reihenweise Fahnen im Wind flattern. Für die fröhliche Beflaggung gesorgt hat die Churer Firma Georg Roffler & Co. Firmenbesitzer Bernhard und Beatrice Arn liefern alle Arten von Fahnen aber auch in die ganze Schweiz.

Text: Karin Huber

"Nicht alles was im Wind weht und aus Tuch ist darf als Fahne bezeichnet werden", stellt Bernhard Arn klar. Er hat 1981 zusammen mit seiner Frau das Fahnengeschäft von seinen Schwiegereltern übernommen. Was ist denn nun eine "echte Fahne"? Das sei, sagt Arn, ein rechteckiges, quadratisches oder dreieckiges Tuch, das die Farben und Embleme eines Staates, einer Stadt oder einer Gemeinschaft trage. "Die Flagge ist eine Fahne, die bei festlichen Anlässen an öffentlichen Gebäuden hängt. Hingegen ist die Standarte das persönliche Hoheitszeichen eines Staatsoberhauptes oder militärischen Befehlshabers", weiss Arn, der ausgebildete Programmierer, der vom Fahnengeschäft heute ebenso viel versteht wie von seinem ursprünglichen Beruf.
Das Fahnengeschäft boomt in der Schweiz zwar nicht gerade, weist aber dennoch eine leicht steigende Tendenz auf. "Eigentlich", sagt Arn, "kann ich mir nicht so recht erklären, weshalb sich die Schweizer in dieser Frage doch eher zurückhaltend geben". Im Norden, in Norwegen oder Schweden etwa, wo Arn mit seiner Frau die Sommerferien verbrachte, sei dies ganz anders. "Praktisch an jedem zweiten Haus flattert eine Fahne im Wind."

Keine Feier ohne Fahne
Dabei symbolisiert die Fahne doch gerade auch in der Schweiz ein Zusammengehörigkeitsgefühl, Eigenständigkeit und Souveränität. Sie ist wie andernorts ebenso Ausdruck und Symbol einer Idee, einer Gemeinschaft. Für ihre wichtigen Handlungen hat die menschliche Gesellschaft indes schon seit Urzeiten Symbole geschaffen, die ihre moralischen, politischen und religiösen Ziele versinnbildlichen sollte. "Das bekannteste Symbol", so Arn, "bleibt die Fahne. Denn eine Feier ohne Fahne ist undenkbar."
Die Geschichte der Fahne selbst reicht bis weit in die Zeit der alten Römer und Germanen zurück. "Ursprünglich war ihr Einsatz ausschliesslich auf militärische Belange begrenzt", sagt Fahnenspezialist Arn. "Als Feldzeichen vermittelte die Fahne stets das Gefühl der Zusammengehörigkeit. Sie war und ist eine Orientierungshilfe auf dem Feld und bildet(e) den Sammelpunkt einer Gruppe. Diese ursprünglich kriegerisch geprägten Merkmale lassen sich jedoch auch auf die Vereine der Gegenwart übertragen. Denn dort, wo die Fahne ‹eingepflanzt› wird, sammelt sich der Verein."

Fahnen für jeden Zweck
Im Laufe der Jahrhunderte haben sich verschiedenste Arten von Fahnen entwickelt. "Wir kennen nebst unserer Nationalflagge die Kantons- und Gemeindeflaggen. Ihren Platz gefunden haben ebenso Vereins-, Verbands, Firmen- und Werbeflaggen, Messefahnen, Spannbänder, Tisch- und Bootsflaggen, Transparente sowie Wimpelketten." Der meist verarbeitete Stoff ist ein Polyestergewebe.
An der Rheinstrasse 85-87 in Chur liegen in den Vitrinen der Georg Roffler & Co. in hundertfacher Zahl Fahnen und Flaggen. Immer vorrätig ist die Schweizer, die Bündner und die Churer Flagge. Man findet aber auch Flaggen der verschiedensten Nationen sowie Werbefahnen, deren Siegeszug seit Anfang der 80er Jahre nicht mehr aufzuhalten war und so auch dem Fahnenfachgeschäft Roffler einen neuen Boom beschert haben. Dabei hatte Georg Roffler, als er 1954 in Chur sein eigenes Geschäft gründete, eigentlich mit Fahnen gar nichts am Hut, verkaufte er doch Bettwaren an Hotels und Private. Das Bettwarengeschäft ist geblieben, das Fahnengeschäft wurde immer wichtiger. "Weil mein Schwiegervater immer wieder auf Fahnen angesprochen wurde, hat er daraus im Laufe der Zeit einen eigenen Geschäftszweig gemacht", erzählt Bernhard Arn. Das Geschäft mit den Fahnen und Flaggen hat Arn dann weiter ausgebaut. Heute liefert er sie in die ganze Schweiz. So waren "seine" Fahnen sogar am diesjährigen Eidgenössischen Turnfest in Basel präsent. "Wir sind zwar eine kleine Firma, wir können aber gerade aufgrund unserer Kleinheit einen sehr guten Service und umfassende Beratung bieten. Ebenso können wir preislich oft günstiger kalkulieren als viele grosse Firmen", erklärt Arn den Erfolg in einem durchaus hart umkämpften Markt.

Kleines Nähatelier
Genäht werden die Fahnen allerdings nicht in Chur. Die Fahnen werden u. a. in einer St. Galler Fahnenfabrik hergestellt, der Fahnendruck erfolgt vor allem in Österreich, Deutschland oder Belgien. "Dafür reichen unsere Kapazitäten bei nur sechs Mitarbeitern nicht aus", lacht Arn. Oft aber wird im kleinen Churer
Nähatelier der Finish erledigt. Die Säume werden auf einer
Industrienähmaschine genäht, die Karabinerhaken angebracht, Fahnen repariert, Fahnenmasten gesetzt, die Fahnen gehisst. Von den Kunden - dazu zählen etwa der Kanton Graubünden, viele Bündner Gemeinden, Unternehmen, darunter die Grand Garage Dosch, Niki's Möbelhalle, Migrol Schweiz, Mövenpick, auch Schweiz Tourismus oder die unzähligen Privatkunden - wird die Fahnenvorlage meist angeliefert und mit moderner Technik bedruckt. In Zusammenarbeit mit einem Grafiker setzt Arn aber ebenso Kundenideen gestalterisch um. Bei Einzelfahnen wird das Muster auf den Stoff appliziert, der dann auf der Rückseite rund um das Muster wieder heraus getrennt wird.

Handarbeit
Eine Herausforderung, der sich Arn immer wieder gerne stellt, sind Vereinsfahnen, die meist aus reiner Seide bestehen und mit bis zu 10 000 Franken nicht gerade billig sind. "Bis das Fahnenbild definitiv steht und die Vereinsfahne aufgehängt werden kann, braucht es zahlreiche Besprechungen und Beratungen. Teilweise werden die Sujets aufgestickt, teilweise appliziert und zwar alles ganz wie früher in
aufwändiger Handarbeit", umschreibt Arn die Fahnenprozedur. Eine einfache Schweizer Fahne hingegen ist bei Arn schon ab rund 20 Franken erhältlich. Gleich mitnehmen - und das tun viele Touristen - kann man Tischfahnen, Wimpel, gestickte Abzeichen und 1. August-Fahnen. Stark nachgefragt wurden während der Fussball-WM Fahnen der unterschiedlichsten Nationen. "Allein daran haben wir gemerkt, welche Mannschaften noch im Spiel sind", schmunzelt Arn.
Mieten kann man die verschiedensten Fahnen allerdings auch, und zwar sowohl für sportliche Anlässe wie Weltcup- oder Europacup-Rennen als auch für Firmen- und Privatanlässe. Auf dem Platz Chur finden sich übrigens mehrheitlich Roffler-Fahnen, die im Wind wehen.
Die Lebensdauer der Fahnen ist einerseits von der Stoffqualität abhängig, viel mehr noch aber von den Windverhältnissen. An Standorten ohne Wind kann eine Fahne durchaus zwischen fünf und zehn Jahren halten. Weht sie jedoch ständig im Wind, verkürzt dies die Lebensdauer möglicherweise bis auf sechs Monate. Weil der Weg zum Fahnengeschäft Georg Roffler aber nicht allzu weit ist, hat man ja schnell für Ersatz gesorgt.