Nirgends strapaziert sich der Mensch so sehr wie bei der Jagd nach Erholung. Am liebsten erklimmt er alle Hügel, biket sich den Mittenberg hinauf und kommt mit der Lunge auf der Zunge an. Ein Zustand, den er nur deshalb als erholsam empfindet, weil das die andern von sich auch behaupten. Man findet natürlich für alle Theorien einen Gewährsmann, den man beiziehen kann. Dass die Schönheit der Berge schon vor den Engländern entdeckt wurde, ist bekannt. Albrecht von Haller kleidet seine Hymne an "Die Alpen" 1729 in Gedichtform, Geheimrat Goethe durchquerte unsere Berge vier Mal freiwillig, General Alexander Suworow nur einmal, eher unfreiwillig. Als Gewährsleute für die Strapazen im Gebirge eignen sich aber die Engländer am besten.

 

buehler.jpg (7132 Byte)
Stefan Bühler


Eine Bergpredigt

"No sports" meinte Winston Churchill und bediente sich der Bergbahnen zur Erklimmung von Anhöhen. Die bessere Antwort kam wohl von seinem Landsmann Edmund Hillary. Auf die Frage, warum wir auf die Berge steigen, antwortete der Erstbesteiger des Mount Everest: "Weil sie da sind".
Die Berge sind da, das hat neben Hillary auch die Uno, Graubünden Ferien und Chur Tourismus erkannt. Jeder auf seine Weise. Kofi Annan im Schlepptau von Adolf Ogi etwa, und Graubünden Ferien auf der Suche nach einem weiteren Plagiat. Jedenfalls, wenn man der Weltwoche glauben darf. Nach Matterhorn und Titlis kommt nun als neuste Branding-Idee der Bernina zum Zuge, vereinnahmt durch den ganzen Kanton als Markenzeichen für erhabene Schönheit und Stoff vieler Geschichten.
J. C. Heer mit seinem König der Bernina, Willy Bogner und Leni Riefenstahl mit ihren Filmen und nun also Graubünden Ferien mit seinen Plakaten. Der Piz Bernina ist da, also soll er etwas nützen.
Und was machen wir in Chur vor der eigenen Haustür? Der Mittenberg ist längst von den Bikern besetzt, einen Churer Calanda gibt es nicht, und wäre seinerzeit Gemeinderat Trepp nicht mutig dazwischengetreten, wäre sogar der Polentahügel von der neuen Truppenunterkunft bedrängt. Damit steht fest: Was bleibt ist Brambrüesch und die wohlklingenden Namen der einheimischen Gebirgswelt, die da heissen Pizoggel, Spundisköpf, Hühnerköpfe, Furggabüel, Dreibündenstein und Schuldenberg. Letzterer ist Thema zum Uno-Jahr der Berge in Chur, wo Ende September darüber abgestimmt wird, ob dieser Berg nicht doch besser abgetragen wird. Indem wir die Stadt verpflichten, nicht nur Beiträge an den Busbetrieb, die Obere Au, das Stadttheater, die Pflästerung und das überteuerte Stadtamtsblatt zu leisten, sondern auch an die Brambrüeschbahn. Nicht, weil Chur bislang als einzige Stadt über eine Luftseilbahn ins schönste und garantiert überschwemmungsfreie Naherholungsgebiet verfügt, vor allem deshalb, weil sich dann die Strapazen auf der Jagd nach Erholung in Grenzen halten. Und das gehört durchaus zu den Kernaufgaben einer Stadt.
"Eine Stadt, die auf einem Berg liegt, kann nicht verborgen bleiben." Gibt es ein besseres Argument zu einem Ja für unser Brambrüesch? Wohl kaum. Es stammt von Jesus und steht in der Bergpredigt, Matthäus 5.

Stefan Bühler



zurück