Alles andere als verstaubte Relikte

Am Samstag, 16. November, wird nach 1997 zum zweiten Mal der Schweizerische Archivtag durchgeführt. Ihre Türen öffnen auch die Institutionen von Chur. Stadtarchiv, Frauenkulturarchiv, Staatsarchiv und Kantonsbibliothek laden die Bevölkerung zu einem Rundgang und lassen hinter die Kulissen blicken.

Text: Walter Schmid

Archive bewahren Spuren der Vergangenheit zum Nutzen für Gegenwart und Zukunft. Wenn am 16. November im Rahmen des Schweizerischen Archivtages auch jene von Chur ihre Tore öffnen, dann um einem breiten Publikum die gesellschaftliche Bedeutung der Archivierung als kollektive Aufgabe näher vorzustellen.

Rohstoffe für die Zukunft
Der Blick hinter die Kulissen soll die BesucherInnen für die rechtstaatlichen, gesellschaftlichen, kulturellen und wissenschaftlichen Funktionen der Archive sensibilisieren. Denn Archive sind nicht nur wichtiger Teil eines demokratischen Rechtsstaates und sie ermöglichen nicht nur die Kontrolle von Politik und Verwaltung. Archive liefern, indem sie Quellen der Vergangenheit in der Gegenwart präsent halten, wichtige Rohstoffe und bieten Dienstleistungen an die Gestaltung der Zukunft - für die Gesellschaft als Ganzes wie für jeden Einzelnen.
"Mit dem Tag der offenen Tür wollen wir zeigen, dass in Archiven keine geheimen Sachen lagern, dass sie für alle zugänglich und dass sie keine verstaubten Institutionen sind", erklärt Silvio Margadant, Leiter des Staatsarchivs am Karlihofplatz. Die Entgegennahme und Verfügbarmachung archivwürdiger Akten der Kantonalen Verwaltung sowie das Verwalten und Aufbereiten von historischem Schriftgut zählt zu den wichtigsten Aufgaben des Staatsarchivs. In beiden Fällen gibt es laufend Zuwachs. Das Staatsarchiv verfügt aber auch über eine grosse Sammlung an Mikrofilmen über Material aller Bündner Gemeindearchive und Kirchenbücher, eine Sammlung von Fotografien ab ca. 1880 von einheimischen Fotografen sowie ein riesiges Archiv an Akten, die über das tägliche Leben Auskunft geben.

Rundgang durch die Archive
An den interessanten Gruppenführungen am Archivtag (11.30 und 14.30 Uhr) kann das Publikum die normalerweise nicht öffentlich zugänglichen Magazine im 2. Untergeschoss des Staatsarchivs besichtigen. Gezeigt und erklärt werden Beispiele aus dem historischen Erbe Graubündens anhand uralter Dokumente wie Bundesbriefe, Verfassungsurkunden, Verwaltungskorrespondenzen usw.
Am Archivtag beteiligt sich auch die im gleichen Gebäude untergebrachte Kantonsbibliothek. Denn auch diese Institution hat Archivcharakter, was sich u.a. an der Verwaltung der vollständigen Zeitungsreihe zeigt. In der Kantonsbibliothek sind zudem alte Dokumentarfilme aus Graubünden (ca. 1940 bis 1980) gelagert, die am 16. November vorgeführt werden. Gleichzeitig sind verschiedene Bestände mit Langzeitwirkung und Bilddokumente in einer Vitrinenausstellung zu besichtigen.
Die gleiche Funktion, die das Staatsarchiv gegenüber dem Kanton hat, erfüllt für die Stadt Chur das Stadtarchiv im Rathaus. Im Wesentlichen sind das städtische Verwaltungsakten archivieren und historisches Schriftgut verwalten. Aus Platzgründen können am Archivtag keine Führungen veranstaltet werden. Hingegen ist im Archivraum anhand alter Dokumente und Fotografien eine Ausstellung zum Thema Marktwesen und Andreastag (30. November) zu besichtigen.
Ebenfalls die Pforten öffnet am 16. November das Frauenkulturarchiv an der Fontanastrasse 15, das den Fundus des Staatsarchivs ergänzt. Um 10.00 und 13.00 Uhr bietet sich hier an Führungen Gelegenheit, Einblicke in die Bedeutung dieser Institution zu nehmen, die nicht nur über lückenlose Dossiers von Frauen, die in Politik, Kultur, Kunst, Wirtschaft etc. in die Öffentlichkeit getreten sind, verfügt. Das Archiv beherbergt auch Bestände über Organisationen, Vereine und Nachlässe, sowie ein umfangreiches Zeitungsarchiv.
Der interessante Tag der offenen Tür, mit den zeitlich gestaffelten Führungen und dem eingebundenen Publikumswettbewerb, soll - neben dem Informationsgehalt - bei der Bevölkerung auch die "Schwellenangst" nehmen. Denn als öffentliche Institutionen sind die Archive nicht nur am 16. November, sondern immer offen und die Unterlagen - unter Berücksichtigung der Zugangsregelungen - auch für Private einsehbar.