In der Schweiz wird jede zweite Ehe geschieden. Das ist erfreulich. Das heisst nämlich, dass jede zweite Ehe hält. Es ist ja wohl klar, dass der Hauptgrund für jede Scheidung die vorangegangene Heirat ist. Kein Tag vergeht ohne Lebensbeichte in den Promi-Spalten, jetzt hat es nach Uschi Glas, Liza Minelli und Lance Armstrong wieder einmal den deutschen Aussenminister Joschka Fischer erwischt. Zum vierten Mal wurde er geschieden nach nur vier Jahren Ehe. Und die neue, eine Studentin aus Berlin, ist bereits bei ihm eingezogen. Warum aber immer im Hafen der Ehe landen, statt zuerst ein paar Hafenrundfahrten zu machen?

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Stefan Bühler


Rosenkrieg

Und warum auch um Himmels willen die ganze Welt an seiner Zweisamkeit teilhaben lassen, bevor es wieder einsam wird? Wahrscheinlich ist die ganze Menschheit eine Fehlkonstruktion. Weil Adam auf die Frage «Welches Tier passt zu mir?» keine Antwort fand, stellte Gott ihm die Frau zur Seite. Und damit begannen die Probleme. Als Moses vor 3000 Jahren vom Berge Sinai hinabstieg, um den Wartenden Gottes Botschaft zu verkünden, sprach er: «Es gibt gute und schlechte Nachrichten. Die gute ist: ich hab Ihn runter auf zehn. Die schlechte ist: Ehebruch ist immer noch dabei!» Für Bill Clinton gab es deshalb ein Nachspiel, weil er nicht vom Vorspiel lassen konnte. Nur Joschka Fischer ist schlauer und ergreift die Flucht nach vorn. Er hat die Gerichte bemüht, damit nicht weiter über sein Verhältnis mit der vermutlich künftigen Ehefrau Nr. 5 geschrieben wird. Privat hat er sich offensichtlich an Plato gehalten und dessen weisen Spruch: «Erkenne Dich selbst.» Wenn er morgens in den Spiegel sah, erkannte er vor allem einmal satte 112 Kilo Lebendgewicht, das er auf dem langen Marsch zu sich selbst inzwischen auf 75 Kilo herunterbrachte. Hätte er bei Plato weiter gelesen, wäre ihm auch dessen zweites Bonmot aufgefallen: «Liebe macht blind.» Wenn der Leporello in Mozarts Don Giovanni von seinem Herrn singt, dass er allein in Spanien 1003 Geliebte habe, verblasst der deutsche Aussenminister allerdings mit seiner einstelligen Zahl.
Die Scheidung scheint dann wieder für neuen Durchblick zu sorgen. Ohne auch noch Leon Hubers Hund zu bemühen, gewisse Dinge werden schon aus anderer Sicht betrachtet. So schrieb eine offenbar glücklich Geschiedene an Ihre Versicherung: «Seit der Trennung von meinem Mann wird jeder notwendige Verkehr durch meinen Rechtsanwalt erledigt.» Geahnt haben wir so etwas schon immer.
Muslime haben es einfacher. Drei Mal muss ein scheidungswilliger Mann nach islamischem Recht zu seiner Frau sagen: «Ich lasse mich von dir scheiden.» In den Emiraten und in Malaysia genügt ein entsprechendes SMS. Bei uns kostet eine Scheidung in der Regel einen Monatslohn. Das aber auch nur, wenn keine Handwerker bemüht werden, wie bei der Trennung eines ehemaligen Verkehrsdirektors von Lenzerheide, der mitten durch das gemeinsame Haus eine Mauer bauen liess. Billiger kam Frank Sinatra zur Scheidung von Mia Farrow: er sprengte die Lieblingskatze seiner Gattin in die Luft. Statt auf eine so simple Idee zu kommen, zog ein ehemaliger Engadiner Regierungsrat seinen Rosenkrieg bis ans Bundesgericht weiter. «Eine Periode lang ist jede Ehe wunderbar, das kann eine halbe Stunde dauern oder 25 Jahre», meinte der Schriftsteller Ephraim Kishon, der schon ein Jahr nach dem Tode der «Besten aller Ehefrauen», wie er seine Gattin zu nennen pflegte, wieder heiratete. Offenbar die Zweitbeste. Derweilen brüteten die Richter in Lausanne über die Frage, ob die Sturheit eines Bündner Regierungsrats ihm nun zum Recht verhelfen soll oder ob ihm einfach ganz Recht geschieht.

Stefan Bühler

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