Glauben Sie etwa, dass es Zufälle gibt? Natürlich, ohne Zufälle wäre das Leben langweilig. Es sind die wirklichen Zufälle, die uns den Tag verschönern oder das Leben vergraulen. Wissenschaftlich erwiesen ist zwar, dass es ihn gar nicht gibt. Das heisst ja noch lange nicht, dass man ihm deshalb nicht etwas nachhelfen könnte. Auf den Zufall bauen ist Torheit, den Zufall benutzen ist Klugheit, sagt das Sprichwort.
Zum Beispiel im Casino Bad Ragaz. Wenn man nichts dem Zufall überlässt, verlässt man den Spielsalon als Gewinner.

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Stefan Bühler


Zufälliges

Das geht so: Man beginnt mit einem Franken Einsatz. Gewinnt man, ist man einen Franken reicher geworden, verliert man, setzt man bei der nächsten Runde zwei Franken. Hilft der Zufall zum Gewinn, ist man wieder einen Franken reicher, nämlich vier Franken Gewinn minus drei Franken bisheriger Einsatz. Verliert man, setzt man vier Franken. Beim Gewinn ist man wieder einen Franken reicher, sonst muss der Einsatz ein weiteres Mal verdoppelt werden. Wenn also immer verdoppelt wird, kann gar nichts schief gehen. Einmal gewinnt man und ist dann auf jeden Fall einen Franken reicher.
Diese Strategie hat den Nachteil, dass man schon sehr flüssig ins Casino kommen muss. Das mit dem Verdoppeln hat ja so seinen Haken, wie man vom Reiskorn auf dem Schachbrett weiss. Wenn man auf dem ersten Feld mit einem Reiskorn beginnt und dann jeweils verdoppelt wird (1, 2, 4, 8, 16 …), benötigt man für 64 Felder etwa 184 Milliarden Tonnen Reis. So viel wird auf der ganzen Welt in 100 Jahren nicht geerntet.
Etwas schneller geht es beim Lotto, allerdings nur, wenn man
gewinnt. Die Wahrscheinlichkeit ist für einen Sechser gleich 1 zu 13 986 816. Die Chance, das Januarloch zu stopfen, damit klein.
Sollen wir nun eher an den Zufall oder doch lieber an die mathematische Wahrscheinlichkeit glauben? Wenn noch der Glaube ins Spiel kommt, wird es selten einfacher. «Glauben Sie an fliegende Untertassen?» «Natürlich!» «Haben Sie schon welche gesehen?» «Seit meiner Scheidung nicht mehr!» Also, lassen wir den Glauben aus dem Spiel und kommen zurück zu den echten Zufällen. Diese wurden kürzlich augenfällig im Zusammenhang mit John F. Kennedys 40. Todestag. Das bekannte Kennedy-Lincoln-Mysterium zur Erinnerung:
Abraham Lincoln wurde 1846 in den Kongress gewählt. John F. Kennedy wurde 1946 in den Kongress gewählt.
Abraham Lincoln wurde 1860 zum Präsident gewählt. John F. Kennedy wurde 1960 zum Präsident gewählt.
Die Namen Lincoln und Kennedy bestehen beide aus 7 Buchstaben.
Beide Präsidenten wurden an einem Freitag erschossen.
Lincolns Sekretärin hiess Kennedy. Kennedys Sekretärin hiess Lincoln.
Beider Nachfolger waren aus dem Süden und hiessen Johnson.
Andrew Johnson, Lincolns Nachfolger, wurde 1808 geboren. Lyndon Johnson, Kennedys Nachfolger, wurde 1908 geboren.
John Wilkes Booth, Lincolns Mörder, wurde 1839 geboren. Lee Harvey Oswald, Kennedys Mörder, wurde 1939 geboren.
Lincoln wurde im «Kennedy»-Theater erschossen. Kennedy wurde in einem Auto, das «Lincoln» hiess, erschossen. Booth flüchtete aus einem Theater und wurde in einem Lagerhaus gefangen. Oswald flüchtete aus einem Lagerhaus und wurde in einem Theater gefangen.
Booth und Oswald wurden vor ihren Prozessen ermordet.
Alles nur Zufall? Da wir zum neuen Jahr nur den einen Vorsatz gefasst haben, keine Vorsätze zu fassen, sollten wir die Frische des Jahresbeginns anders nutzen und dem Rätsel des Zufalls auf den Grund gehen. «Gepriesen sei mir der Zufall», sagt Ferdinand in Schillers Kabale und Liebe. Genau. Es ist ja gewiss kein Zufall, wenn für das Churer Magazin nun das sechste Jahr beginnt. Und das ausgerechnet mit einer Denkaufgabe. Aber das Leben ist zu kostbar, um es dem Zufall zu überlassen.

Stefan Bühler

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