Walpurgisnacht ist das Hexenfest schlechthin. Dabei feiert man im Mittelalter nur den Beginn der Sommerzeit. Einmal mehr war die Kirche dafür verantwortlich, dass dem heidnischen Hokuspokus ein ewiges Leben beschieden ist, weil man ihn eigentlich verbieten wollte. Aber das Volk braucht nun einmal seine Hexen, da wurde einfach als Gegenmittel an einem 1. Mai die Walburga heilig gesprochen. Aus den ehemals guten Frühlingsgeistern der Heiden machte die Kirche Hexen, die es zu bekämpfen galt. In Chur kennt man nur einen Hexenprozess, was nicht heisst, dass nicht weiterhin zahlreiche Hexen ihr Unwesen treiben.

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Stefan Bühler


Walpurgisnacht

Nun kommt ausgerechnet die Bündner Kantonsschule auf die Idee, aus Anlass der 200-Jahre-Feier ein dreisprachiges Festspiel zum Thema Walpurgisnacht aufzuführen. Das ist sehr verdienstvoll und gibt Gelegenheit, der Frage nachzugehen, was denn einstige und heutige Hexen so alles zaubern und welchen Pakt sie mit dem Teufel geschlossen haben.
Dichter und Denker waren ebenso fasziniert und inspiriert von den Hexen, ihrer Magie und ihren Ritualen. Gedichte gibt es von Theodor Storm oder von Gustav Meyring. Felix Mendelssohn Bartholdy hat in seinem Opus «Die erste Walpurgisnacht» musikalisch verarbeitet. Oder Gustav Edgren im schwedischen Spielfilm «Walpurgisnacht» von 1935 mit Ingrid Bergmann. Über allen aber steht Johann Wolfgang Goethes Faust, wo Mephistopheles und Faust die Walpurgisnacht im Harzgebirge erleben.
Eine Bauernregel sagt: «Ist die Hexennacht voll Regen, wird's ein Jahr mit reichlich Segen!»
Dass die Hexen faszinieren, hat der Churer Bischof Christian Caminada selbst festgestellt, wie in seinem Büchlein «Die verzauberten Täler» nachzulesen ist. Als Wahrsagerinnen haben sie es früher nicht wie Madame Tessier 57 Mal aufs Titelbild der Schweizer Illustrierten geschafft, dafür aber nachhaltigeren Ruhm erworben. Etwa die Ulrika in Giuseppe Verdis Maskenball, die der verheirateten Amelia den Zaubertrank erklärt, damit sie der verbotenen Liebe mit dem Grafen von Warwich entsagen kann. Dass dieser dann vom gehörnten Gatten Amelias massakriert wird, ist tragisches Schicksal, zurückzuführen auf eine Kommunikationspanne. Das Zaubertrankrezept Ulrikas an sich wäre schon gut gewesen.
Im Buch «Hexenwahn und Hexenprozesse im Bündner Oberland» schreibt der Autor, Hubert Geiger, dass in den Gerichtsgemeinden der Surselva zwischen 1623 und 1732 weit über 300 Personen der Hexerei verdächtigt wurden, wobei mindestens 120 Personen den Tod durch Hinrichtung fanden. Diese brachialen Hinrichtungen gab es noch bis zum Jahre 1700, sie wurden dann abgelöst durch das Aufkommen der Presse.
Im aktuellen Hexenprozess erfolgt der Aktenaustausch zwischen der Lea und dem Peter über den «Blick». Aber wen interessiert es denn schon, dass einer mit dem Existenzminimum von Fr. 1010.– monatlich auch noch leben und eine Firma gründen muss, derweil seine Noch-Gattin kein Geld für die Mottenkugeln ihres Pelzes hat und gezwungen ist, wie andere arme Leute im Quellenhof Ragaz zu verkehren. Da gilt auch der Einwand nicht, dass jetzt das Strassenverkehrsamt öffentlich Autonummern an den Meistbietenden versteigert. GR 10 ist weg.
Einst hatte die Regierung entschieden, dass der rechtmässige Neffe von John Knittel keines von dessen beiden einstelligen Nummernschildern übernehmen darf. Im neusten Entscheid der Regierung erfolgte die Schilderübergabe GR 10 entgegen bisheriger Praxis rechtmässig an den recht mässigen heutigen Halter.
Walpurgisnacht, das liebe Geld und die nach unten offene Gürtelskala hat Goethe früh erkannt, wenn er Mephistopheles in Faust sagen lässt:
Fasse wacker meinen Zipfel! / Hier ist so ein Mittelgipfel / Wo man mit Erstaunen sieht, / Wie im Berg der Mammon glüht.

Stefan Bühler

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