Mario Superstar ist noch nicht in der verdienten Versenkung verschwunden und Roger Schawinski hat mit den dämlichen Wiederholungen den wehrlosen Harald Schmid auch noch nicht auf den Boden der Lächerlichkeit zurückgeholt. Wir aber können schon jetzt aufatmen, denn telemässig sind wir aus dem Jammertal. Die sechste Staffel von Sex and the City hat begonnen. Mit anderen Worten: Es gibt auch am Dienstagabend ein Leben nach Harry hol den Wagen und Runzelkinn Josef Matula. Dann nämlich, wenn Carrie, Samantha, Charlotte und Miranda offenbaren, was Frauen wirklich wollen. Was denn wohl, natürlich einen Mann, Wurst welchen.

buehler.jpg (7132 Byte)
Stefan Bühler


Telesex

Was denn wohl, natürlich einen Mann, Wurst welchen. Oder auf
englisch: Mr. Big ist gefragt. Kaum anzunehmen, dass die Sache gut ausgehen wird. Würden die Mitte-Dreissigerinnen den guten alten Friedrich Schiller kennen, hielten sie sich vielleicht an dessen Rat im Lied von der Glocke: «Drum prüfe, wer sich ewig bindet, ob sich das Herz zum Herzen findet! Der Wahn ist kurz, die Reu ist lang.»
Noch nie wurden Menschen im Fernsehen so mit Sex bombardiert wie heute. Dabei ist erwiesen, dass TV der ultimative Lustkiller ist. Herausgefunden haben das ausgerechnet italienische Psychiater im Land der Lover, die 1000 Paare befragt hatten. Je länger sie in den Kasten starrten, desto mehr schwand die Paarungslust.
Vielleicht hätten sie sich mehr den Sportsendungen zuwenden sollen. Zwar wird man auch da nicht verschont, wenn DSF gegen Mitternacht seine Golfbälle kullern lässt, das ist aber Absicht. Zufall ist es, wenn in der Super-Bowl-Halbzeitshow in Houston während der Direktübertragung 144 Millionen entsetzte Amerikaner mit ansehen müssen, wie Popstar Janet Jacksons rechte Brust dem Korsett entweicht und der Sänger Justin Timberlake die «Fehlfunktion der Garderobe» (offizielle Entschuldigung) nicht mehr verhindern kann.
Das Schweizer Fernsehen hat seine Zuschauer schon früh erzogen und aufgeklärt. Schon Mäni Webers Dopplet oder nüd wurde ersetzt mit anderen pornografischen Serien wie etwa Motel 1984. Motel-Koch Koni Frei (Jörg Schneider) und Gouvernante Erika Brunner (Silvia Jost) hüpfen miteinander ins Bett. Küsse, Streicheln und ein blanker Busen versetzten die Zuschauer in Aufregung und Entzücken. Dass ihr Gatte heute Direktor am Stadttheater ist, spricht für die Toleranz des heutigen Churer Theaterpublikums. Auch Emmanuelle hätte im gleichen Jahr für Aufsteller in Schweizer Stuben sorgen sollen, hätte dies nicht der Bischof von Sitten (nomen est omen) durch den Aufruf zum Gebührenboykott in letzter Minute verhindert. Verklagt wurde SF DRS nach der Ausstrahlung des Dialektstückes vom Sennentuntschi 1981, wo drei gelangweilte Älpler mit sexuellem Notstand eine Traumfrau aus Stroh bastelten. Verklagt übrigens wegen «Gotteslästerung», vermutlich, weil es damals den Alpenschutzartikel noch nicht gab. Aus gleichem Grund konnte in Chur das Stück «Und sie legen den Blumen Handschellen an» von Fernando Arrabal nicht aufgeführt werden. Die erfolgreiche Abwehr solcher Blasphemie gelang einem Grossrat und Anwalt auf Anhieb.
Tempi passati. Heidi im Pornoland aus dem Jahre 1996 zeigte uns mit Laetitia noch eine echte Bündnerin ohne Alpen- geschweige denn Jugendschutz. Dieser regionale Bezug fehlt ganz einfach unserem regionalen TV, wo Ausländerinnen wie Gina Wild die abendlichen Onanievorlagen aus dem Hause Südostschweiz bilden. Höchste Zeit, dass die finanzielle staatliche Unterstützung und das ersehnte Gebührensplitting endlich kommen. Sex and the City ist bald einmal am Ende, da bleibt nur die Hoffnung auf die Rückkehr des Love-Sofas. Man könnte ja immer noch in Rumantsch Grischun stöhnen, damit die beantragten Subventionen für die Volksaufklärung zwischen Sedrun und Fläsch eher fliessen.

Stefan Bühler

zurück