FORST

Der Heimwald Chur ist ein «Pflegefall» mit Verpflichtungen

Er schützt Wohngebiete und Verkehrswege vor Lawinen, Steinschlag, Rutschungen und Rüfen. Gleichzeitig ist der Heimwald von Chur das Elixier vieler Erholungsräume aber auch Lieferant von «bodenständigem» Baumaterial. All das unter einen Hut zu bringen, bedingt permanente Pflege.
Anfang Januar 2005 im Fürstenwald: Mitten im Wald, im sicheren und geschützten Kommandositz des «Harvesters» steuert der Maschinenführer den «langen Arm» der Holzerntemaschine. Riesige Greifer umfassen eine Fichte knapp über dem Waldboden, die im «Kopf» integrierte Säge durchtrennt den Stamm und der 25 Meter hohe Baum neigt sich in die horizontale Lage. Im gleichen Moment wird der Stamm durch die Greifer gerollt, die Äste fallen und kaum fünf Minuten später liegt die «Ernte» am Boden, um zusammen mit bereits gefällten Bäumen zum Zwischendepot beim unteren Fürstenwaldweg gerückt zu werden. Was wie ein brachialer Eingriff in den rund 80 Jahre alten Baumbestand aussieht, hat einen triftigen Grund.

Natürliche Verjüngung
«Im Holzschlag Letzholz werden rund 800 Bäume gefällt. Die Durchforstung ist nötig um den verbleibenden Bäumen genügend Licht und Raum zu gewähren, was ihre Stabilität festigt und fördert», erklärt Toni Jäger, Leiter des Forstbetriebes Churer Heimwald. Auch dass der «Harvester» - der in einem Durchgang Bäume fällt, entastet und auf bestimmte Längen zuschneidet – zum Einsatz kommt, hat seine Gründe. «Mit der beraupten Maschine, die sich auf einem Astteppich bewegt und dadurch kaum nennenswerte Schäden am Boden verursacht, können in gut zugänglichen Durchforstungsschlägen innerhalb kürzester Zeit riesige Holzmengen aufgerüstet werden und das, im Gegensatz zu herkömmlichen Methoden, auch noch sehr viel sicherer und kostengünstiger», so der Revierförster.
Weniger geeignet ist die Maschine unterhalb des Schönegg am Pizoggel. Hier ist in steilerem Gelände ebenfalls eine Durchforstung im Gange, mit dem gleichen Zweck: die Stabilität der verbleibenden Bäume zu festigen. «Mit dem vermehrten Lichteinfall», erklärt Jäger, «soll sich aber auch eine natürliche Ansamung einstellen, die bei einem späteren Eingriff in rund zwanzig Jahren gefördert werden kann und somit der Bestand auf natürliche Art verjüngt wird».

Planung auf 20 Jahre hinaus
Der Revierförster Churer Heimwald – ein weiteres Revier betreut der Alpwald-Förster in Arosa – bildet zusammen mit zwei Vorarbeitern, drei Forstwarten, 2-3 Lehrlingen und je einem Maschinisten und Werkhofmeister das Pflegeteam für die 1526 ha grosse Waldfläche auf Stadtgebiet. Knapp 200 ha bestehen aus Töbeln, Felsen und Maiensässweiden, der grosse Rest ist produktiver Wald. «An den steilen Flanken des Pizoggels und der Halde am Mittenberg schützt der Wald speziell vor Lawinen, Steinschlag, Rutschungen und Rüfen» erklärt Toni Jäger. Fast der gesamte Wald (98%) gehört der Bürgergemeinde, die der Stadt das Nutzungs- und Verwaltungsrecht übertragen hat. 80% des Churer Heimwaldes gelten nicht zuletzt dank den vielen Pflegeeingriffen in den letzten Jahren als stabil. Die Massnahmen werden jedoch nicht aus dem «hohlen Bauch» ergriffen. Dazu ist eine Planung auf 20 Jahre hinaus erforderlich. In Kraft getreten ist im letzten Jahr der Betriebsplan für die Bewirtschaftung des Churer Heimwaldes bis zum Jahre 2023. Er beinhaltet die Minimalanforderungen gemäss der Vollziehungsverordnung des Kantonalen Waldgesetzes. Dazu gehören z. B. die Analyse zum Waldzustand und dessen Entwicklung, die waldbaulichen Massnahmen oder die Holznutzung. Im Betriebsplan sind auch die Schwerpunkte für den Churer Wald festgehalten. Toni Jäger: «Die forstlichen Eingriffe richten sich grundsätzlich nach den standörtlichen und pflanzensoziologischen Verhältnissen, das heisst, natürlich vorkommende Baumarten werden durch forstliche Massnahmen gefördert und die Nutzung wird auf das Notwendigste beschränkt.» Gleichzeitig seien aber auch attraktive Arbeitsplätze zu erhalten, ebenso der hohe Standard der Infrastruktur wie Verbauungen und Maiensässhütten und die rund 86 km Waldwege und die Kilometerlangen Fusswege die im Heimwald von Chur angelegt sind.

Holzpreis im Keller
Die Einsätze durch die Forstequipe im Wald erstrecken sich über das ganze Jahr und umfassen eine ganze Anzahl von Arbeiten. Die Haupterntezeit dauert jeweils von Mitte August den Winter durch bis Mitte April. «Dazwischen», so der Revierförster, «werden Äste geräumt, gepflanzt, Jungwuchs gepflegt, Wege unterhalten, Zwangsnutzungen durchgeführt, Entwässerungen, Verbauungen Maiensässe und Alpen unterhalten etc.»
Der Baumbestand im Churer Heimwald besteht aus 49% Fichte, 17% Tanne, 13% Buche, 12% Waldföhre, 5% Lärche und 4% verschiedene Holzarten. Der Hiebsatz im letzten Jahr betrug rund 7600 Tariffestmeter (stehende Bäume). Daraus resultierten über 5800 Kubikmeter Nutzholz. Die besten Stämme von Tannen, Fichten, Föhren und Lärchen finden zum grössten Teil den Weg via Holzhändler oder Direktverkauf nach Italien und Österreich. Das Nadelrestholz, rund 1000 m3, das früher als Spanplattenholz in Fideris oder als Papierholz verwendet wurde, kann dem Waffenplatz Chur in form von Schnitzel für die Heizung abgegeben werden. «Ein Geschäft ist der Holzverkauf allerdings nicht mehr», bedauert Toni Jäger, «denn seit dem Sturm Lothar im Jahre 1999 sind die Preise um ein Drittel zurückgegangen und eine Erholung ist nicht in Sicht.» Dazu kommen noch die durch die Sparpolitik beim Bund und Kanton erfolgten Beitragskürzungen um ebenfalls ein Drittel.

Begehrtes Brennholz
Rund 800 Kubikmeter Laubholz aus dem Churer Heimwald wurden im letzten Jahr in Form von Brennholz an Private verkauft. Gespalten und zu Klaftern gehäuft wird die Ernte direkt im Wald. Was nicht ab diesen Lagern zu den Kunden mit Cheminees oder Holzöfen gelangt, wird im Werkhof an der Industriestrasse auf 50, 33 und 25 cm lange Scheiter ofengerecht zugeschnitten (siehe Kasten). Erhältlich sind die «Wärmespender» abholbereit in Reifen gebunden aber auch lose in bereitgestellten Kisten im Gewicht von rund 200 Kilogramm. Und wer sich die Holzfuhre nicht selbst abholen will, überlässt das dem Hauslieferdienst der Forst- und Alpverwaltung der Stadt Chur.

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