Der Skandal um Schiedsrichter Robert Hoyzer lässt manches Sportereignis in neuem Licht erscheinen. Beispiel EHC Chur: Die meisten entscheidenden Spiele verlor man genauso unerwartet wie den Präsidenten, zum Liga-Erhalt reichte es dennoch. Beispiel FC Chur: Die einzige nationale Ausstrahlung hat der Stürmer Renzo Blumenthal. Seine Chancen als Mister Schweiz 2005 stehen gut, weil er besser aussieht als tschuttet und für den Final vom 30. April von 500 Kandidaten nominiert wurde. Geht das wirklich alles mit rechten Dingen zu? Gewiss, der Einfluss der lokalen Wettmafia ist beschränkt, seit die Chesa ihre Bedeutung als Sportfan-Mekka eingebüsst hat und es das Weisse Kreuz nicht mehr gibt.

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Stefan Bühler


Hoyzer

Versuche zur Einflussnahme gibt es aber immer wieder. Seit Alex Frei weiss man, dass die Spieler spucken, seit Hoyzer hat man Gewissheit, dass es bei den Schiedsrichtern spukt.

Das waren noch Zeiten, als die Einflussnahme auf die Schiedsrichter transparent und nachvollziehbar war. Etwa jene auf den Churer Alfred Sooder, den die Fans spitalreif verprügelten. Oder beim legendären Aschenbecherwurf von EHC-Präsident Thomas Domenig von der Tribüne auf den Schiedsrichter. Beide Aktionen misslangen. Die Fans trafen zwar Sooders Nasenbein, das Spiel war aber schon zu Ende und verloren. Der EHC-Präsident traf zwar den Zeitgeist, nicht aber den Schiedsrichter. Der Publikumsapplaus nützte ihm nichts, auch dieses Spiel ging verloren.

Diese ehrlich gemeinten Interventionen dienten dem hehren Ziel, einen Match zu gewinnen. Heute will man Wetten oder Schönheitswettbewerbe gewinnen und nicht mehr Spiele. Die erste Wette im Churer Hallenstadion geht übrigens auf die Ära des Trainers Lasse Lilja zurück. Der Erfolgstrainer des EHC Arosa, den er 1982 zum Schweizer Meistertitel führte, hatte in Chur etwas mehr Probleme. Vor allem mit dem damaligen Sportredaktor. Jedenfalls setzte er beim Training eine Wette bei den Spielern ein und versprach demjenigen 100 Franken, der den Journalisten auf der Tribüne mit dem Puck trifft. Das Resultat war ernüchternd: Alle Versuche misslangen, schon damals traf keiner im entscheidenden Moment und die Wette konnte nicht ausbezahlt werden.

Ehrfurcht vor dem Schiedsrichter, wer kann sich noch daran erinnern? Einer kann es ganz sicher, ein ehemaliger Fussballer und Eishockeyaner des EHC Felsberg denkt sogar schmerzlich daran. Das erste Spiel für Felsberg im Jahre 1939 war nicht wegen des Schiedsrichters einmalig, sondern wegen des Tores. Die Spieler zimmerten es am Sonntagmorgen aus Holz zusammen und beim ersten gegnerischen Schuss brach es dann auch prompt auseinander. Der Schiedsrichter sprach keine Strafen aus. Übertriebene Härte gegen ein Holztor wurde schon damals nicht geahndet. Wenn heute auf der Churer Quaderwiese wieder auf dem Eis gefahren wird, dann hat das schon Tradition. Unser Gewährsmann und der EHC Felsberg spielten hier das einzige und letzte Länderspiel gegen Ungarn – wie hoch die Niederlage war, weiss er nicht mehr. Wohl aber kennt er die erste Schiedsrichter-Affäre anlässlich des Finalspiels der Serie A 1947, als der EHC Felsberg auf dem Dolder gegen Kloten antrat. «Verloren haben wir es nur deshalb, weil ein Zuschauer an der Bande mit einer Schiedsrichterpfeife dreingefunkt hat und wir Felsberger stehen blieben, während Kloten seelenruhig das Führungstor schiessen konnte.» Leon Schlumpf weiss, wovon er spricht. Er war einer der Spieler, der stehen blieb. Ehrfurcht vor dem Schiedsrichter und Respekt vor der Pfeife, zugegeben, eine etwas veraltete Methode, das Spiel zu verlieren.


Stefan Bühler


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