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Stefan Bühler

Ende der
Diskretion

Heute wird mit der letzten Intimität noch eine Realityshow veranstaltet. Die Abgabe des Führerscheins, die glückliche Scheidung einer verunglückten Ehe oder das Ableben vor laufender Kamera sind Beispiele dafür.

Der Tessiner Ständerat Filippo Lombardi hat es vorgemacht. Er war nach einem Nachtessen in Graubünden mit dem Wagen unterwegs zurück nach Bern. Er hatte gerade 600 Kilometer zurückgelegt, als er im Regen schleuderte und die Kontrolle über sein Auto verlor. Die Kontrolle über sich bewahrte er und wurde sich dabei bewusst, dass er für sich und andere ein Risiko darstellte, weshalb er den Führerausweis freiwillig abgab. Man würde meinen, wer für andere ein Risiko darstellt, müsste eigentlich sein öffentliches politisches Mandat abgeben. Nun hat er wenigstens öffentlich sein Billett hinterlegt. Tue Gutes und sprich davon. Der Richter wird entzückt sein.

Zeige mir, wie du heiratest, und ich sage dir, wie es öffentlich endet. Wie lief das doch früher noch diskret und fern von fremden Blicken ab, wenn es wieder einmal so weit war. Kein Fotograf, kein Fernsehteam, ja nicht einmal die Antipoden waren dabei, als sich Gunter Sachs und Brigitte Bardot am 1. Oktober 1969 nach dreijähriger Ehe vor einem Bündner Bezirksgericht scheiden liessen. So prunkvoll die Ehe drei Jahre zuvor in der Wüste von Las Vegas geschlossen wurde, so diskret erfolgte die Trennung in den Bergen. Das war ja bei der ersten Ehe von Prinz Charles nicht viel anders. Wohl drangen einige intime Geschichten an die öffentlichkeit. Etwa von Diana, die eingestand, dass sie Liebeskummer hatte und Tabletten nehmen wollte. Offenbar konnte sie davon überzeugt werden, dass es wirksamere Mittel gibt.

Prinz Charles zeigte wenigstens, dass man sich diskret scheiden und kühl wiederverheiraten kann. Königin Elisabeth, die bekanntlich ihren Sohn alles besteigen liess, nur nicht den eigenen Thron, sie jedenfalls trug mit ihrer unterkühlten Miene dazu bei, dass keine echte Wärme aufkommen konnte. Ein Kellner stellte die Champagnerflasche neben ihr auf den Boden und sie blieb kalt. Im Gegensatz zu Romeo und Julia geht die Liebesgeschichte von Charles und Camilla böse aus: Die beiden kriegen sich nach 35 Jahren.

Vielleicht hat das aber auch tatsächlich mit Liebe zu tun, jener wunderbaren Gabe, einen Menschen so zu sehen, wie er nicht ist. Das kann in die Hose gehen, aber es kann natürlich auch schief herauskommen. Oder wie der chinesische Philosoph Konfuzius (551-479 v. Chr.) sagte: "Die Liebe ist das Gewürz des Lebens. Sie kann es versüssen, aber auch versalzen."

Das wissen die meisten Promis, die vor dem Biss in den süss-sauren Apfel rechtzeitig einen Ehevertrag eingehen. Boris Becker hat das zwar nach seiner Besenkammer-Affäre nichts genützt, Barbara erhielt ihre zehn Millionen Euro. Billiger zu haben ist Verona Feldbusch, die von Bohlen mickrige 500 000 für einen Monat Ehe erhielt. Sabine Christiansen brachte es auf 5 Millionen Euro ohne Ehevertrag.

Wie viel besser machen es Conradin und Marianne. Conradin ist nicht der aufgeblasene Steinbock der Marke Graubünden, sondern der Ex der Ex-Gewinnerin des Grand Prix der Volksmusik. Conradin und Marianne zelebrieren ihren momentanen Gemütszustand auf fünf Seiten in der Illustrierten. Er hat noch keine Neue, weil er nicht weiss, was der Markt zurzeit hergibt, und sie empfindet tiefe Freundschaft. Selten wurde so öffentlich und so glücklich geschieden. Es gibt Menschen, die sind furchtbar einfach. Und andere gibt es, die sind einfach furchtbar.

Stefan Bühler

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